Alle reden über ESG, aber was ist das genau und was ist 2022 in der deutschen Immobilienwirtschaft zu erwarten? Christian Wertmüller, Rechtsanwalt bei Taylor Wessing, gibt Einblick.
Was genau ist ein ESG?
Investoren denken zunehmend nachhaltiger. Damit stellen sie sich zunehmend dem Buzzword ESG. Die Abkürzung lässt sich unterteilen in: E – Environment, S – Social und G – Governance. Aber was bedeutet es genau?
ESG steht für verschiedene Kriterien zur Beurteilung der Nachhaltigkeit eines Unternehmens oder einer Wirtschaftstätigkeit. Diese Kriterien sind nicht nur abstrakte Kriterien, sondern teilweise sehr konkret und in einem umfassenden Regelwerk überprüfbar. Auch die Akteure der Immobilienbranche sind von den Auswirkungen besonders betroffen, da sie für fast 40 % der Kohlendioxidemissionen in der Europäischen Union verantwortlich sind.
ESG und EU-Richtlinien – was sind die Regelungen?
Der erste große Schritt in den ESG-Vorschriften ist die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR). Institutionelle Anleger und Vermögensverwalter müssen offenlegen, ob sie ESG-Merkmale oder ESG-Ziele erfüllen oder nachhaltige Risiken berücksichtigen (ESG-Berichte).
Der zweite Schritt ist die Klassifizierungsverordnung, die umweltverträgliche Aktivitäten EU-weit einheitlich kategorisiert.
Dazu werden in der Einstufungsverordnung sechs Umweltziele identifiziert. Nachhaltiges Handeln fördert mindestens eines dieser Umweltziele und schadet keinem der anderen. Die Europäische Kommission hat ein Gesetz erlassen, das die fachliche Prüfung erlaubt, wann die Umweltziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ zu fördern sind.
Ein solches Gesetz hat keinen Gesetzescharakter und dient der Ausgestaltung und Präzisierung der EU-Verordnung. Bei den Einstufungsverordnungen sind für beide Umweltziele spezifische fachliche Bewertungskriterien definiert.
Was erwartet uns 2022?
Auf Ebene der Europäischen Union…
Anforderungen an nachhaltiges Handeln müssen weiter verfeinert werden. Die technischen Bewertungskriterien, anhand derer eine ökologisch nachhaltige Aktivität bewertet wird, müssen durch ein anderes autorisiertes Gesetz erweitert werden. Dadurch werden auch die technischen Anforderungen in Bezug auf andere Umweltziele „nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen“, „Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft“, „Vermeidung und Verringerung der Umweltverschmutzung“ und „Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme“ geklärt.
… und auf nationaler Ebene
Auf nationaler Ebene stehen die Maßnahmen im Einklang mit dem Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, der einen ambitionierten Titel trägt, der weitere Fortschritte wagt – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
Darin heißt es, dass „der Weg zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft beschritten werden muss“ und dass „wirtschaftliche Entwicklung und ökologische Verantwortung gemeinsam gedacht werden müssen“.
Erste Ansätze wurden bereits identifiziert und zielen konkret auf die Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes ab: So wird noch in diesem Jahr ein Finanzierungsprogramm für den Wohnungsneubau eingeführt, nachdem die Neubaufinanzierung des KfW-55-Effizienzhaus-Standards ausläuft Künftig wird der Fokus auf den Wert „Emissionen von Treibhausgasen pro Quadratmeter Wohnfläche“ gelegt – eine deutliche Verschiebung gegenüber der bisherigen Situation.
Ab dem 1. Juni 2022 wird die CO2-Steuer zusätzlich zu den Heizkosten zwischen Vermieter und Mieter aufgeteilt. Diese trägt bisher allein der Mieter.
Die Anteile werden in einem abgestuften Modell anhand der Energieklasse des Gebäudes berechnet und im Zweifel halbiert.
Zukünftig sollen die Einnahmen aus der Kohlendioxidsteuer den Wegfall der EEG-Steuer kompensieren. Diese endet am 31. Dezember 2022, um die Strompreise zu entlasten.
Zudem soll eine Investitionsprämie für Klimaschutz und digitale Vermögenswerte geschaffen werden, mit der Steuerpflichtige einen Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten von im jeweiligen Jahr (2022 oder 2023) erworbenen oder hergestellten Sachanlagen von ihrem steuerbaren Einkommen abziehen können (Super-Abschreibung). ).
Für die Zukunft sind weitere Novellierungen insbesondere des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) geplant: So ist für den KfW-Effizienzhaus-40-Standard eine Anhebung der Neubaustandards geplant.
Ab 2024 müssen die auszutauschenden Teile bei An-, Um- und Umbauten dem KfW-Effizienzhaus-70-Standard entsprechen und ab dem 1. Januar 2025 kann jede neu installierte Heizungsanlage zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden .
ESG – Wo wird es enden?
Diese Maßnahmen sind weitreichend und alle Parteien wollen ein marktwirtschaftliches Umdenken: Die weitaus größte Zahl der Marktteilnehmer will ihrer gesellschaftlichen Verantwortung durch die Erfüllung von Nachhaltigkeitsstandards gerecht werden und Investoren fordern zunehmend die Einhaltung von Umwelt-, Sozial- und Corporate-Governance-Standards – und das ist nicht ungewöhnlich. Aus der eigenen Due Diligence von ESG.
Auf der anderen Seite haben die „sozialen“ und „unternehmensbezogenen“ Faktoren von ESG fast keinen legislativen Input erhalten.
Hier besteht also zusätzlicher Handlungsbedarf.
Damit einher geht fast zwangsläufig eine erhebliche Rechtsunsicherheit, da nicht ganz klar ist, welche Anforderungen zukünftig gelten und ob ein neu erworbenes Medikament mit ESG-Siegel dieses Siegel noch in fünf Jahren tragen darf.
Daher ist es dennoch ratsam, jeden Fall einzeln sorgfältig zu prüfen.
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