Corona hat in verschiedenen Bereichen der Arbeitswelt als Katalysator gewirkt und althergebrachte Strukturen aufgebrochen. Das Thema Homeoffice, vor der Pandemie in vielen Branchen noch ein eher exotisches Konzept, steht immer wieder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Im Lockdown war die Tätigkeit im heimischen Arbeitszimmer oft die einzige Alternative und ist für zahlreiche Beschäftigte zur Gewohnheit geworden. Mehr und mehr entwickelt sich Corona zum Bestandteil des Alltags, verschwindet langsam aus dem Bewusstsein und es stellt sich die Frage, wie und wo wir in einer post-pandemischen Zukunft arbeiten werden. Während Arbeitnehmer oftmals die Vorteile der Heimarbeit preisen, sieht es auf Arbeitgeberseite weniger optimistisch aus. Mit dem nahenden Winter häufen sich zudem die Stimmen, die das mobile Arbeiten noch einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten und ungenutzte Energiesparpotenziale wittern.
Produktivität und Kreativität leiden im Homeoffice
Nach fast drei Jahren Pandemie ist die Datengrundlage umfangreich genug, um ein Fazit zu ziehen, wie sich die Arbeit im Homeoffice auf die Arbeitsleistung auswirkt. So geschehen etwa in der Trendstudie „Die Zukunft des Arbeitens“ vom Deutschen Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Hierfür wurden 2700 Mittelständler befragt, und die stellen dem mobilen Arbeiten kein durchweg gutes Zeugnis aus. Etwa die Hälfte der Befragten findet es problematisch, wenn viele der Mitarbeiter im Homeoffice sind. Ebenso viele halten die Teamarbeit für weniger produktiv. Und als weniger kreativ schätzen sogar 71% der Mittelständler ihre Angestellten ein, wenn nicht im Büro, sondern zuhause gearbeitet wird. Zudem besteht in vielen Unternehmen noch immer Nachholbedarf, fragt man nach Hardware-Ausstattung und digitaler Infrastruktur. Hier müsste oft noch einiges an Zeit und Ressourcen investiert werden, um den Arbeitsfluss zu optimieren und für digitale Sicherheit zu sorgen.
Einfacher wäre es da, Mitarbeitende zurück ins Büro zu locken. Überraschenderweise spricht sich trotzdem eine klare Mehrheit der Führungskräfte gegen eine komplette Abschaffung des Homeoffice aus. Bei den Mitarbeitenden kommt die Heimarbeit nämlich deutlich besser an als bei den Chefs, und ein kategorisches Ausschließen könnte sich negativ auf die Bewerbersuche auswirken. Trotz der Nachteile hat sich Homeoffice inzwischen fest in der Arbeitswelt etabliert und ist aus ihr nicht mehr wegzudenken.
Im Homeoffice durch die Energiekrise
Es gibt durchaus Gründe abseits von Effizienz und Arbeitsleistung, die Homeoffice auch in Zukunft attraktiv erscheinen lassen. Nachdem das mobile Arbeiten das Land während der Pandemie am Laufen gehalten hat, könnte es sich jetzt auch in der anhaltenden Energiekrise als Lösung erweisen. Denn seitdem Unternehmen wie Privatpersonen aufgefordert sind, nach Einsparmöglichkeiten für Strom, Gas und Benzin zu suchen, rückt das Homeoffice zurück in den Mittelpunkt des Interesses. Der Schluss scheint so logisch wie simpel: ein leeres Büro muss nicht beheizt werden. Das spart nicht nur Gas, sondern den Unternehmen auch einiges an Kosten. Also eine Win-Win-Situation, oder? Ganz so einfach ist es nicht.
Unklare Einsparpotenziale
Fachleute sind sich bisher noch uneinig, wie viel Einsparpotenzial tatsächlich in der Heimarbeit steckt. Unstrittig scheint der Effekt im Bereich der Mobilität. Wer von zuhause aus arbeitet, legt den Arbeitsweg nicht mit dem Auto zurück und verbraucht somit kein Benzin. Doch so klar, wie er klingt, ist der Zusammenhang nicht. Denn während der Corona Pandemie sind viele Menschen aus den Stadtzentren aufs Land gezogen und fahren jetzt längere Strecken, wenn sie eben doch einmal das Büro aufsuchen. Bei Gas ist die Situation noch komplexer: laut Energieregulierer, deutscher Gasverbrauch sei zu hoch.
Geheizt werden muss schließlich auch zuhause im Homeoffice, und das kann je nach Dämmung und Wohnsituation sogar noch energieaufwändiger sein. Wie groß das Einsparpotenzial hier tatsächlich ist, dazu fehlen derzeit aussagekräftige Untersuchungen. Klar ist, dass der Effekt dann besonders deutlich wäre, wenn größere Flächen unbeheizt blieben, also etwa ein ganzes Stockwerk oder Gebäude. Arbeitet jedoch nur ein Teil der Belegschaft von zuhause aus, muss das Büro dennoch voll beheizt werden. In diesem Fall ist kaum mit Einsparungen zu rechnen. Um jedoch ganze Trakte stillzulegen, wäre es nötig, ausnahmslos alle Mitarbeitenden verpflichtend ins Homeoffice zu schicken. Und das ist derzeit einfach nicht möglich.
Homeofficepflicht schwer umzusetzen
Arbeitgeber können ihre Angestellten nicht dazu verpflichten, von zuhause aus zu arbeiten. Ob freiwillige Absprachen für eine signifikante Senkung des Energieverbrauchs ausreichend sind, ist eher fraglich. Es bräuchte gesetzliche Regelungen, die speziell darauf abzielen. Doch auch das scheint in naher Zukunft kaum realisierbar. Schon der Vorschlag der Bundesregierung, aufgrund der Pandemielage erneut eine Homeofficepflicht einzuführen, stieß sowohl auf Arbeitgeberseite als auch bei den Gewerkschaften auf Protest. Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, seinen privaten Wohnraum zu Arbeitszwecken zur Verfügung zu stellen, lässt sich rechtlich kaum umsetzen. Es bleibt abzuwarten, ob sich hier auf Gesetzesebene eine Lösung findet, das Energiesparpotenzial der mobilen Arbeit tatsächlich zu nutzen.
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