Im Tierreich steuern spezifische Wachstumsfaktoren die Entwicklung der Körperachse. Diese Signalmoleküle werden von einer kleinen Gruppe von Zellen an einem Ende des Embryos produziert, um sich in einem Gradienten zum entgegengesetzten Pol zu verteilen. Durch diesen Vorgang entstehen separate räumliche Muster, die die korrekte Ausbildung der Kopf-Fuß-Achse bestimmen. Ein Forscherteam des Center for Organic Studies (COS) der Universität Heidelberg hat kürzlich in Süßwasser-Hydrapolypen ein Enzym entdeckt, das diesen Prozess entscheidend beeinflusst, indem es die Aktivität bestimmter Wachstumsfaktoren reduziert.
Insbesondere Proteine des sogenannten Wnt-Signalwegs spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des primären Achsenmusters des Körpers. Wnt-Proteine, die früh in der Entwicklung entstanden sind, sind universelle Wachstumsfaktoren. „Eine Fehlregulation von Wnt-Faktoren kann während der Embryonalentwicklung schwerwiegende Auffälligkeiten verursachen und zu Krankheiten wie Krebs führen“, erklärt Prof. Dr. Özbek, Mitglied der Abteilung „Molekulare Evolution und Genomik“ von Prof. Dr. Thomas Holstein am COS .
Nun haben Forscher im Süßwasserpolypen Hydra ein Enzym entdeckt, das Wnt-Proteine abbauen und dadurch inaktivieren kann. Hydra ist ein primärer vielzelliger Organismus der Familie Cnidaria, der seit langem als Modellorganismus für die Untersuchung des Spemann-Mangold-Regulators verwendet wird, einem embryonalen Signalzentrum, das für die Gestaltung der Körperlängsachse verantwortlich ist. Die für diesen Prozess verantwortlichen Wnt-Proteine werden im Mundbereich adulter Polypen kontinuierlich produziert, um die Körperachse zu erhalten.
Die Forscher stellten fest, dass sich das neu entdeckte HAS-7-Enzym in einer ringförmigen Region unterhalb von Hydras heller Korona entwickelt. Dieser Bereich trennt den Kopf vom Körper. Wird die HAS-7-Produktion experimentell durch die Unterdrückung der Genexpression unterbrochen, entwickeln sich spontan ein vollständig ausgebildeter zweiter Kopf und eine zweite Körperachse. Ähnliches passiert, so Professor Özbek, wenn Wnt-Proteine im gesamten Tierkörper synthetisch hergestellt werden.
In Zusammenarbeit mit der Gruppe von Professor Walter Stoker an der Universität Mainz konnten die Heidelberger Forscher zeigen, dass das Enzym HAS-7 in der Lage ist, das Wnt-Protein spezifisch zu spalten, um dessen extrazerebrale Aktivität zu unterdrücken. Ohne diesen hemmenden Mechanismus verschlingt Wnt, das vom Kopf ausgeht, den Körper und bildet ein zweiköpfiges Tier. Das HAS-7-Enzym gehört zur Familie der Astacin-Proteasen, die erstmals in Krebsen identifiziert wurden. „Mitglieder der Protease der Astacin-Familie kommen auch in höheren Wirbeltieren vor. Wir haben also hier wahrscheinlich einen Mechanismus gefunden, der auch beim Menschen eine Rolle spielen könnte“, sagt Professor Holstein.
In einem Folgeprojekt des Sonderforschungsbereichs 1324 „Mechanisms and Functions of Wnt Signaling“ werden die Forscher gemeinsam mit Professorin Dr. Irmgard Sinning vom Zentrum für Biochemie der Universität Heidelberg den molekularen Mechanismus der Wnt-Spaltung durch Astacin untersuchen . „Wir hoffen, Hinweise auf den genauen Angriffspunkt im Wnt-Protein finden zu können“, sagt Professor Ozbeck.
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Neben den Heidelberger Forschern des COS und des Instituts für Angewandte Mathematik auch Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums, der Universität Mainz, der Universität Innsbruck (Österreich), des Universitätsklinikums Leiden (Niederlande) und der University of Manitoba (Kanada) zum Studium beigetragen. Gefördert wurden unter anderem die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Canadian Institutes for Health Research. Die Forschungsergebnisse wurden in der Zeitschrift veröffentlicht.BMC Biologie„.
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