Gebäude in Deutschland tragen maßgeblich zum Gesamtenergieverbrauch und den Treibhausgasemissionen bei. Energieoptimierte Gebäude mit intelligenten Steuerungen und Netzen sowie eine kostengünstige und klimafreundliche Energieversorgung sind daher ein zentraler Baustein für eine erfolgreiche Energie- und Wärmewende. Photovoltaik (PV) wird eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung einer Zukunft mit nachhaltiger Energie spielen – sei es bei der Renovierung bestehender Gebäudefassaden oder bei der Reduzierung des Energiebedarfs und des Energieverbrauchs von Neubauten.
Forschungsteams von Fraunhofer IBP und Fraunhofer IEE entwickeln derzeit eine modulare RE-Schnittstelle (Renewable Energy) zur Versorgung von Gebäuden mit umweltfreundlicher Energie, die dann zum Heizen, Kühlen und Lüften der Innenräume verwendet wird. Herzstück der Anlage ist eine integrierte Photovoltaikanlage mit einer Wärmepumpe, die als hocheffizienter Wärme- und Kälteerzeuger fungiert, sowie einer dezentralen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Alle erforderlichen technischen Komponenten sind in der Schnittstelle der RE-Module vorhanden, wodurch ein hoher Vorfertigungsgrad erreicht wird. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert das Verbundforschungsprojekt. Projektpartner sind die Implenia Fassadentechnik GmbH, die Planungsleistungen für die Modulfassade RE erbringt, die Lare GmbH Luft- und Kältetechnik, die die Wärmepumpe entwickelt, und die LTG AG, die Dienstleistungen im Bereich der dezentralen Lüftung erbringt.
Minimal-invasive Schnittstellenrenovierung
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, eine kostengünstige Modulfassade für den Einsatz in Sanierungs- und Neubauprojekten zu entwickeln, die – nach dem in vielen medizinischen Betrieben üblichen Prinzip – ein minimalinvasives Vorgehen ermöglicht.
„Wir sanieren nicht das gesamte Gebäude, sondern nur die Fassade. Künftig wird die alte Fassade durch neue industriell vorgefertigte Einheiten mit integrierter Systemtechnik ersetzt und bietet so eine multifunktionale Lösung nach neuesten energetischen Standards“, erklärt Jan Kaiser, Projekt Leiter und Wissenschaftler am Fraunhofer IEE. Alle notwendigen Heiz-, Kühl- und Lüftungsgeräte für die angrenzenden Büros sind in die Fassade integriert.“
Da Module vorgefertigt werden können, können sie gebrauchsfertig produziert werden. Dies bietet Planern und Investoren eine hohe Kostensicherheit und einen klar definierten Kostenrahmen. Der Umbau kann innerhalb weniger Stunden erfolgen. Da die Heizungs- und Lüftungstechnik bereits eingebaut ist, müssen keine neuen Leitungen im Inneren des Gebäudes verlegt werden. Die Fassade benötigt lediglich einen Stromanschluss, um die Klimatisierung und Raumbelüftung auch in Zeiten ohne PV-Strom weiterzuführen. Dadurch verringert sich der Arbeitsaufwand für die Montage und Justage vor Ort. Im Idealfall müssen Nutzer in angrenzenden Räumen bei Renovierungen nicht ausgehen.
RE Modulfassaden eignen sich am besten für den Einsatz in Büros, Verwaltungsgebäuden und Schulen in der in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren beliebten Rahmenbauweise. Statt tragender Wände tragen Stahlbetonstützen die Bodenplatten. Bei Renovierungen werden die alten Fassadenelemente entfernt und die neuen raumhohen Einheiten an der Vorderseite des Baukörpers eingebaut. Eine technische Einheit der RE Modulfassade ist 1,25 m breit und 30 cm tief. Jede Einheit kann einen Raum mit einer ungefähren Fläche bereitstellen. 24 m².
Standardschnittstelle als Leistungshülle
Die integrierte Photovoltaikanlage produziert den benötigten Strom und versorgt die Wärmepumpe und andere Komponenten mit Strom. Diese Wärmepumpe dient als Wärme- und Kälteerzeuger. Sie ist die kritische Komponente der technischen Einheit innerhalb der modularen Schnittstelle der erneuerbaren Energien und zeichnet sich durch die intelligente Regelung der Energieflüsse aus. Aus jeder Stromeinheit können drei bis vier Einheiten Wärme erzeugt werden. Über einen in einem Luftspalt hinter dem Photovoltaikelement angeordneten Fan-Coil entzieht die Pumpe der Außenluft Wärme und gibt diese ebenfalls über einen Fan-Coil an den angrenzenden (Büro-)Raum zur Beheizung ab. Wird nicht geheizt, sondern gekühlt, entzieht die Wärmepumpe der Raumluft Wärme und gibt sie nach außen ab.
Das integrierte, dezentrale Lüftungssystem regelt Luftaustausch- und Wärmerückgewinnungsprozesse. Durch die selektive Aktivierung der Luftpaneele wird nur ein Ventilator benötigt, was den Energieverbrauch reduziert. Der LTG-Belüfter schaltet zwischen Ansaug- und Saugmodus um, um eine „Atem“-Bewegung zu erzeugen. Vakuumisolationselemente schützen zudem vor Wärmeverlust.
„Die neue Modulfassade von RE bietet einen perfekt abgestimmten Schutz vor Hitze und Sonneneinstrahlung bei geringem Energieverbrauch und hohem Nutzerkomfort“, betont Michael Eberl, Wissenschaftler am Fraunhofer IBP und gemeinsam mit Jan Kaiser an dem Projekt.
Zwischen 1950 und etwa 1990 wurden etwa 25 bis 30 Prozent aller Bürogebäude in Deutschland in konstruktiver Bauweise errichtet. Zusammen verbrauchen sie jährlich 3.200 GWh Strom. „Durch den Einsatz unserer RE-Modular-Schnittstelle würde sich dieser auf 600 GWh reduzieren, ein höherer Vorfertigungsgrad würde auch die geringe Erneuerungsrate um nur ein Prozent pro Jahr erhöhen“, erklärt Kaiser.
Tests an der Standardisierten Testanlage Energy and Indoor Environments (VERU) des Fraunhofer IBP in Holzkirchen, Deutschland
Die Projektpartner pilotieren derzeit die RE-Modulfassade an der Südseite des VERU-Gebäudes und haben einen angrenzenden Testraum eingerichtet. Sowohl der Demo- als auch der Testraum sind mit einer Vielzahl von Messgeräten ausgestattet. Dazu gehören auch interne Wärme- und Feuchtigkeitsquellen, die über Zeitschaltuhren gesteuert werden, die reale „Benutzer“ darstellen und die Funktionstüchtigkeit in einer realen Büroumgebung nachweisen sollen. Messgeräte erfassen Parameter wie Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen sowie die Beleuchtungsstärke – alles Werte, die zur Behaglichkeit im Raum beitragen. Auch der Stromverbrauch der einzelnen Komponenten der technischen Einheit wird innerhalb der modularen Schnittstelle der erneuerbaren Energien erfasst, ebenso wie die Erträge des PV-Elements, um die Energiebilanz zu berechnen. Das Zusammenspiel aller Komponenten funktioniert bereits sehr gut, obwohl die einzelnen Komponenten derzeit noch verbessert werden.
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